Nachdem Ende Januar der oktobersche Nachzügler dieser kleinen, aber knackigen Rubrik das Licht der Welt erblickt hat, folgt nun – Mitte März – der November des vergangenen Jahres. Fehlt also nur noch ein Monat und ich bin wieder up-to-date bei den gesehenen filmischen Werken.
Borat (2006) & Borat Anschluss Moviefilm (2020)
Man muss dem Humor von Sacha Baron Cohen wirklich etwas abgewinnen, sonst funktionieren beide Filme in keinster Weise. Das Original trumpfte vor allem auch mit der Unbekanntheit des Protagonisten auf. Da war vieles so extrem echt und dabei so extrem erschreckend ehrlich, dass man ein ums andere Mal nur noch kopfschüttelnd vor dem Bildschirm saß, fasziniert von der – ja, man muss es wohl so sagen – Dummheit mancher Gesprächspartner von Borat. Die Fortsetzung vierzehn Jahre später hat diese jungfräuliche Naivität zwar verloren, es gibt aber leider Gottes – oder aus Sicht von Borat glücklicherweise – noch immer genug Idiotie dort draußen, um einen abendfüllenden, unterhaltsamen Film zu fabrizieren. Sofern man natürlich den Humor von Sacha Baron Cohen etwas abgewinnen kann.
Transit (2018)
Christian Petzold verfilmt Anna Seghers gleichnamigen Roman, nutzt deren Figuren und Lebenswege, verlagert die Geschichte jedoch in die Gegenwart. Erstaunlicherweise funktioniert dies ganz unproblematisch, was vor allem an den handelnden Akteuren liegt, die von einem rigoros agierenden Franz Rogowski und einer wandelbar, undurchsichtigen Paula Beer (anscheinend Petzolds neues Lieblingspaar, denn auch bei Undine bilden beide das Herzstück des Films) gemimt werden. Transit hat leider ein paar Längen, die durch Leerlauf gekennzeichnet sind, da wäre etwas mehr Struktur und Komprimierung vorteilhaft gewesen. Als Erzählung vom Suchen und Finden nach Auswegen in undurchsichtigen Zeiten funktioniert das Werk aber dann doch ganz gut.
Zimna wojna – Der Breitengrad der Liebe (2018)
Pawel Pawlikowski kann Filme in solch ästhetische Bilder gießen, dass einem mitunter die Handlung nur noch zweitrangig erscheint, wie er mit seinem preisgekrönten Werk Ida bereits eindrucksvoll bewiesen hat. Zimna wojna spielt in der polnischen, intellektuellen Kulturszene und folgt der Protagonistin Zula (beeindruckend intensives Schauspiel von Joanna Kulig) auf ihrer Reise durch ein Land im Umbruch, das gekennzeichnet ist durch euphorische Aufbruchsstimmung und lethargische Einschränkungen. Zula bricht aus, bricht stellenweise ein, strahlt aber dennoch zu jeder Zeit eine unbändige Zuversicht aus, egal wie schwer die Zeiten auch sind. Fotografisch ist Der Breitengrad der Liebe eine Augenweide. Erzählerisch leider mitunter etwas bruchstückhaft und inkonsequent.
Jay and Silent Bob Reboot (2019)
Wo Borat vierzehn Jahre brauchte, benötigen Jay und Silent Bob ganze achtzehn, bevor ihnen ein weiterer filmischer Auftritt vergönnt ist. Ehrlicherweise hätten sie sich den allerdings sparen können. Ja, die Reminiszenzen an alle Vorgänger (inklusive Dogma und die Clerks Reihe) sind natürlich für den eingefleischten Fan eine wahre Fundgrube. Aber erzählerisch und – was besonders schwer wiegt! – auf der Ebene der Chemie zwischen beiden Protagonisten leidet der Reboot stark, was einem den gesamten Film doch erheblich vermiesen kann. Der Witz der vergangenen Werke zündet nur sehr selten, einzelne Szenen sind so extrem gestellt, dass sie nur noch da stehen, ohne irgendeine Aussage zu treffen. Schade um das Vermächtnis. Manche Figuren sollte man wohl doch lieber ruhen lassen.
Was gewesen wäre (2019)
Christiane Paul kann immer noch allein durch ihre Präsenz einen Film dominieren. Ganz egal, wie unausgegoren auch die darzustellende Figur sein mag. Und Astrid ist eben das in hohem Maße: Eine unausgegorene Figur ohne wirklich interessante Ecken, an die es sich lohnt anzudocken. In Kombination mit Ronald Zehrfelds Paul, dessen sinnsuchendes Dahinvegetieren durch diese Geschichte ebenfalls wenig Anknüpfungspunkte bietet, verspielt Was gewesen wäre das irgendwo ganz tief drinnen vorhandene narrative Potential und kommt final nicht einmal zu einem erlösenden Ziel. Da kann dann auch die werte Frau Paul nicht mehr viel retten.
Tag X (2019)
Regisseur Manuel Weiss feierte mit seiner Webserie Ebersberg einen Achtungserfolg, da er dort mit wenig finanziellen Mitteln ein durchaus spannendes, atmosphärisches Werk mit horroresken Anleihen schuf. Tag X knüpft dort an, kann über die gesamte Filmlänge allerdings nicht durchweg die erzählerische Dichte halten. Auch die im Krimigenre verankerte Kerngeschichte kommt eher überraschungsarm und ein wenig vom Reißbrett. Für kurzweilige Unterhaltung ist aber dennoch gesorgt.
Color out of space (2019)
Was sich zu Beginn wie ein idyllisches kleines Familienwerk mit typischen pubertierenden Teenagern und den daraus resultierenden Konflikten anfühlt, entwickelt sich nach und nach zu einem irren, verwirrenden und in fluoreszierende Farben getauchtes monströses filmisches Etwas, dass die irrationale Ebene ein ums andere Mal erheblich überschreitet, einige aufwühlende Splatter und Gore Szenen produziert und einen ausnahmsweise mal spielfreudigen, sich in den Wahnsinn manövrierenden Nicolas Cage bietet. Colour out of space ist vor allem im Finale ein Horrorwerk mit überbordendem Farbenflash. Wer bis dahin gekommen ist, wird aber dem filmischen Faszinosum nicht mehr entrinnen können.