Kurz und knackig: Die Flimmerkiste S.E.P.T.E.M.B.E.R. Spezial

So. Da ist er rum. Der September. Und damit ist auch die S.E.P.T.E.M.B.E.R. – Challenge beendet. Mit einem fulminanten Sieg, denn ich habe tatsächlich neun Filme geschaut, deren Anfangsbuchstaben zusammenhängend den Monat September bilden. Und ja, in der korrekten Reihenfolge. Weshalb die heutigen Kurzreviews zu den Werken auch nicht chronologisch sortiert sind, wie es sonst in dieser Rubrik meine Art ist. Knackige Rede, kurzer Sinn. Los geht’s…

Spotlight (2015)

Dieser Film ist intensiv, verlangt nach Aufmerksamkeit und aktivem Mitdenken. Ungefähr so, wie die Akteure des Spotlight, der investigativen journalistischen Sparte des Boston Globe. Das Schauspielerensemble ist exquisit ausgesucht und bildet das Herzstück von Spotlight. Die erzählte Geschichte beruht auf Tatsachen und führte zu einer beispiellosen Aufklärungswelle sexuellem Missbrauchs Minderjähriger in der katholischen Kirche weltweit. Harte Kost, filmisch gerafft erzählt und dennoch auf den Punkt genau getroffen, ohne die Opfer zu diskreditieren oder die Täter zu stigmatisieren. Gleichzeitig ist Spotlight ein Plädoyer für einen Journalismus, den es in dieser Form leider nur noch viel zu selten gibt, weil derartige Recherchen eines benötigen, das die schnelllebige Medienwelt von heute nicht mehr hat: Zeit.

Ein Tick anders (2011)

Filme über Menschen mit einer körperlichen oder seelischen Behinderung sind immer ein schwieriges Terrain, weil man auf der einen Seite das Krankheitsbild nicht zu oberflächlich behandeln, aber andererseits auch keine rein melodramatische, völlig destruktive Geschichte erzählen will. Die Balance zu halten gelingt bei Ein Tick anders zwar recht gut. Die Erzählung an sich lässt aber mangelnde Innovation aufscheinen und kommt im Endeffekt zu Happyend-like daher. Immerhin: Jasna Fritzi Bauer als Protagonistin und Tourette-Syndrom Erkrankte agiert von Anfang an überzeugend. Die eher jugendliche Zielgruppe des Films wird einem mit zunehmender Dauer der Rezeption bewusst und dürfte viele ‚ältere‘ Jahrgänge das Sehvergnügen ein Stück weit verleiden.

Paterson (2016)

Paterson ist ein Film, der sich in seiner durchweg ruhigen, unaufdringlichen Erzählweise eines nach Außen einfachen, dahinplätschernden Lebens der titelgebenden Hauptfigur unscheinbar leise anschleicht, langsam in den Synapsen des Zuschauers festsetzt und nach und nach einen Aha-Effekt beschwört. Paterson gelingt mit der Darstellung eines alltäglichen Lebens eines Durchschnittsbürgers das Kunststück mehr zu erzählen als es die Bilder suggerieren. Es ist dieses unterschwellige, in leichten Dosen eingeimpfte Belanglose der Bilder, das so wunderbar mit dem Protagonisten konträr geht, der so ziemlich alles sein mag, aber eines ganz bestimmt nicht: langweilig. Ein Jarmusch-Werk wie es nur dieser Regisseur in Bilder gießen kann. Unaufgeregt und dabei dennoch nachdenklich anregend.

Tatort: Stau (2017)

Der Stuttgarter Tatort als Kammerspiel mit Spielort Autobahn im Modus Stillstand. Die Grundidee klingt interessant und offenbart einige kurvige Wendungen, die der geneigte Zuschauer nicht kommen sieht, da sie im toten Winkel stehen. Richy Müller ist präsent und tonangebend in seiner offensichtlichen, nonchalanten Attitüde. Manche würden es auch als arrogant bezeichnen. Die Charaktere bilden einen Querschnitt deutscher Soziotope, verengt auf den begrenzten Raum Autobahnstau und versehen mit archetypischen Eigenschaften, die dennoch alle in sich stimmig sind. Wäre der von Dietrich Brüggemann inszenierte Tatort ein Auto, hätten wir es im tatortschen Fuhrpark mit einem Ferrari zu tun. Denn der macht auch im Stau eine gute Figur.

Edge of Love (2008)

Historisches britisches Drama der verhinderten Menage a trois zweier Damen und des Schriftstellers Dylan Thomas zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der weibliche Blickwinkel ist spannend, insbesondere weil beide Akteurinnen – die modern-selbstbewusst auftretende Keira Knightley und die rigoros-vorlaute Sienna Miller – die Szenerie für sich einnehmen. Gleichberechtigt und trotzdem konkurrierend bilden beide ein gutes Gespann und gleichzeitig das Rückgrat einer im Kern dann doch einfachen Liebesgeschichte mit nur leichten Happy End-Tendenzen und somit einem Dylan Thomas Gedicht nicht ganz unähnlich. Visuell professionell im Zeitkolorit eingefangen glänzen die Bilder. Manchmal ein bisschen zu sehr. Vielleicht um die mangelnde Tiefe der Handlung zu überdecken, denn die gibt es durchaus.

Melancholia (2011)

Hach, diese Bilder. Diese fantastischen Bilder. Immer wieder ein Genuss sich Melancholia anzuschauen. Also wirklich anzuschauen. In den Bildern zu versinken, wie Charlotte Gainsbourg im Rasen des Golfplatzes. Lars von Triers bildgewaltiger Abgesang auf die Welt ist in so ziemlich der kompletten Dauer des Films ein melancholisch-misanthropisches Konstrukt und offenbart seine lebensbejahende Meinung erst ganz am Ende, wenn die Depressivste von allen (eine fabelhaft aufspielende Kirsten Dunst) den standhaftesten Punkt einnimmt und dem Untergang reinen Herzens und endlich glücklich entgegensieht.

Before night falls (2000)

Julian Schnabels Filme sind grundsätzlich immer ästhetisch anspruchsvoll in Bilder gegossen und konzentrieren sich auf die eher abseitigen, unbekannteren Geschichten des Lebens oder einzelner Personen. Das zeigen sowohl Schmetterling und Taucherglocke als auch Miral. Wobei mir gerade auffällt, das ich seine Werke achronologisch konsumiert habe. Before night falls thematisiert die homosexuelle Künstlerszene Kubas zu Zeiten der gerade noch jungen Fidel-Republik und danach und konzentriert die Erzählung auf den Schriftsteller Reinaldo Arenas (großartig interpretiert von Javier Bardem). Grundlage war dessen autobiografischer Roman Bevor es Nacht wird. Before night falls schlägt einen ruhigen, gediegenen Flow an. Man erwischt sich dabei manchmal gedanklich abzudriften und dem Film nur halbherzig zu folgen. Und das obwohl die Geschichte ausreichend Potential und Drive entwickelt. Das ist seltsam und doch irgendwie typisch für das schnabelsche Oeuvre. Akzeptiert man diese Leichtigkeit in der Schwere der Geschichte und verfängt sich in den malerischen Bildern, kann der Film ohne Frage begeistern. Irgendwie.

Eyes Wide Shut (1999)

Ich werde mit Stanley Kubricks letztem Film nie so recht warm, egal wie oft ich das Werk auch schaue. Diese bourgeois-hedonistische Langweiligkeit des Pärchens Alice (Nicole Kidman in sehr offenherziger Spiellaune) und Bill Harford (Tom Cruise als geschniegelter Gentleman mit abenteuerlichen Anwandlungen) lässt sich auch durch die angedeutete (und durch nackte Haut manifestierte) erotische Erzählweise nicht mit mehr Spannung konsumieren als bei einem Fest, wie dem zu Beginn gezeigtem. Nämlich nur mit nach Außen präsenter Aufmerksamkeit, um die ermüdenden und einschläfernden Gedanken im Inneren nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Funktioniert jedesmal wieder nur so suboptimal und lässt mich so leer und unbefriedigt zurück wie die beiden Protagonisten.

Rocky (1976)

Das Original ist grundsolide erzählt. Eine Underdog-Hauptfigur, ein überheblicher, mit Desinteresse gesegneter Gegner, sympathische Nebenfiguren (naja, exklusive Adrians Bruder). Mir war auch nie so sehr die visuelle Komponente bewusst. Dreckige Straßen, düstere Gassen. Alles in dunklen Farbtönen fotografiert. Das Milieu passt perfekt zum Protagonisten und dessen Herkunft. Und wenn Apollo Creed schon den Kern des Kampfes und gleichzeitig der Geschichte so schön im Film anteasert, dann bleibt einem auch im finalen Kampf nichts anderes übrig, als Rocky anzufeuern.

Aber jetzt ist es endgültig vorbei. Also auf in den #Horrorctober

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19 Antworten zu Kurz und knackig: Die Flimmerkiste S.E.P.T.E.M.B.E.R. Spezial

  1. Nummer Neun schreibt:

    Ich muss ja zu geben, dass ich von allen genannten Filmen nur Spotlight gesehen habe… aber der war dafür wirklich gut und die spröde Erzählweise genau passend für das Thema.

  2. zacksmovie schreibt:

    Kleine Frage: Hast du „Eyes Wide Shut“ mehr als ein mal gesehen? Wenn ja, warum?
    Klasse Beitrag. Ich mag wie du schreibst und es freut mich, dass du bei der S-E-P-T-E-M-B-E-R-Challenge teilgenommen hast.
    Ich hoffe du hattest Spaß mit den Filmen.

    • Stepnwolf schreibt:

      Mittlerweile dreimal. Vielleicht auch viermal. Aus mehreren Gründen: Beim ersten Mal, weil Stanley Kubrick. Beim zweiten Mal, weil ich mich wunderte, das das ein Stanley Kubrick ist, obwohl ich den Film beim ersten Mal schauen nicht mochte. Beim dritten Mal, um herauszufinden, warum ich den Film auch beim zweiten Mal schauen, trotz Stanley Kubrick, nicht mochte. Muss wohl an Tom Cruise liegen. Sag ich jetzt einfach mal so. 😉

      Ich hab immer Spaß beim Filme schauen. Es waren ja auch ein, zwei Rewatches dabei und mit „Melancholia“ einer meiner Alltime Favorites.

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  12. headwritingle schreibt:

    KIRSTEN!!! …Puuuh, das musste raus! Und vielen Dank für das Erinnern an Spotlight, der steht schon viel zu lange auf meiner Watchlist.

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