Der Alarm schrillte noch immer in einem aufdringlich, sich ständig wiederholenden Grundton durch die Nacht. Er lief schwer atmend durch die endlos erscheinenden Gänge des Labortraktes. Abgesehen vom lärmenden, permanent und impertinent auf seine Nerven einprasselnden Signalton, herrschte eine gespenstische Ruhe. Niemand war zu sehen, was zum einen an der späten Stunde lag und zum anderen an den toten Wachen, die sich in unregelmäßigen Abständen als Hindernisse auf seinem Weg auftürmten.
„FUCK!“ Entwich es aus seinem Mund, während in seine Nase der süßliche Geruch des Todes stieg.
„Papa, du darfst nicht fluchen!“ Hörte er in seinem Kopf die Stimme seiner Tochter Tyra.
Aber diese Situation verlangte einfach danach. Denn alle Zeichen ließen nichts Gutes erahnen. Er hatte es gewusst. Aber Henry wollte nicht hören.
„Es ist diese Komponente, die den Durchbruch bringt.“ Hatte Henry triumphierend gesagt und ignorierte seine Bedenken. Henry veredelte den Stoff mit der extrahierten Fingerhut-Substanz.
„Das führt zu einem übersteigerten Aggressionspotential. Ich kann das nicht verantworten.“ Erwiderte er stoisch und verließ wortlos das Labor.
„Und jetzt haben wir den Salat!“ sagte er laut, während er nun, nur einige Stunden später, das Labor erreichte. Der Alarm intonierte unablässig die offensichtliche Gefahr. Schrie sie förmlich heraus.
Er stand direkt vor der Tür mit dem Schild Projekt D.I.E. – Double Injected Extremities. Er öffnete sie leise und spähte vorsichtig hinein. Nichts bewegte sich. Nichts war zu hören. Er ging zielstrebig zu der mit Panzerglas gesicherten und durch Code geschützten Sektion A. Der Eingang stand offen. Die Tür zu Sektion A versuchte sich in einem regelmäßigen Abstand automatisch zu schließen – eine Reaktion auf den ausgelösten Alarm – stieß dabei aber konsequent auf ein Hindernis: Henry – der leblos am Türeingang lag.
„FUCK!“ Stieß er lautstark hervor und brach im gleichen Moment erschöpft zusammen.
Das Versuchsobjekt war entkommen.
Dies ist der Prolog zur Erzählung Die Dose, zu der sich weitere Teile finden, denen gern – auch zum allgemein besseren Verständnis – ebenfalls Beachtung geschenkt werden darf:
Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5
Die Etüden – ein wundervolles kleines Schreibprojekt von Christiane. (Die sich jetzt wahrscheinlich wundert, dass ich mal wieder dabei bin.)