Zur folgenden Erzählung finden sich weitere Teile, denen gern – auch zum besseren Verständnis – ebenfalls Beachtung geschenkt werden darf:
Teil 1
Teil 3
Teil 4
Teil 5
„Kannst du auch auferstehen?“
Ich schaute Miral mit fragendem Blick an. „Na, weil du King Leon Ravioli geboten hast.“ Ich hielt mit dem Zählen der Tulpenzwiebeln, die auf dem Markt verkauft wurden, inne und dachte an den damaligen Moment zurück.
„Das heißt Paroli bieten.“ Obwohl Ravioli in diesem Zusammenhang ein amüsanter Versprecher war. Ihre kleine Tochter war immer ziemlich aufgeweckt, schnappte Worte auf, die sie zwar verstand, aber doch gern wieder verdrehte.
„Auferstehung ist nur den Göttern vorbehalten.“ Mirals wissbegierige Augen verlangten nach mehr. „In den alten Tagen gab es den einen, der von den Toten auferstanden ist, nachdem ihn böse Menschen an ein hölzernes Kreuz genagelt hatten. Jesus wurde er genannt. Seine Verehrer hielten ihn für einen Gott, weil eben nur ein Gott seinen eigenen Tod austricksen kann.“
„Er war also nur kurzweilig tot?“
„Kurzzeitig. Aber – ja, genau das.“ Ich legte die Kiste mit den Tulpenzwiebeln beiseite und setzte mich, um Miral auf meinen Schoß zu nehmen. „In den tausenden Jahren danach wurde seine Anhängerschaft immer größer. Bis die alten Tage verblassten und irgendwann im Nichts aufgingen. Und damit auch der eine Gott in Vergessenheit geriet.“ Miral überlegte angestrengt.
„Und was verehren wir heute?“ Ich spürte Mirals erwartungsvolle Spannung.
„Der Götter gibt es viele. Ebenso viele Namen tragen sie. Aber wir verehren sie nicht. Wir ehren sie nur. Durch liebe Worte. Durch hilfreiche Gesten. Durch gute Taten. Durch unser Leben, dass wir uns trotz widrigster Umstände so angenehm wie möglich machen, ohne jemals die Gemeinschaft zu vernachlässigen. Denn nur unsere Gemeinschaft hält uns am Leben. Und nur wer Teil der Gemeinschaft ist, wird überleben. Vergiss das nie!“ Ich drückte Miral fest an mich. Sie erwiderte die Umarmung und flüsterte ehrfurchtsvoll: „Weil DIE da draußen sind?“
Ich strich über ihre krausen, dunklen Haare und berührte sanft ihre Narbe. „Genau.“
Ehrung statt Verehrung: eine schöne Lösung (man könnte auch sagen: eine schöne Losung).
Coole Osteretüde. Jetzt möchte ich natürlich wissen, wer „DIE da draußen“ sind. Und sehr schön, die Sache mit den Ravioli und dem „kurzweilig“. Prima gelöst 😉
Auch hier noch mal meinen Dank, dass du dich gemeldet hast, so komme ich zu dem Vergnügen, sie zu lesen. Mehr davon!
Liebe Grüße
Christiane